Autor: peterz

Musik und die pure Lust am Leben

Am frühen Samstagabend fand in Diepoldsau nach vier Jahren endlich wieder «das Fest der Volksmusik» statt. Ein Fest für Menschen mit Beeinträchtigung. Ein Fest des Tanzens und Singens und der ungefilterten Freude.

Nach einem coronabedingten Unterbruch von vier Jahren war es endlich wieder soweit: das „Fest der Volksmusik“ konnte wieder etwa 450 Besucher verzaubern. Besucher, die zum grossen Teil Menschen mit Beeinträchtigung waren. Denn dieses Musikfest wird vom Verein Insieme veranstaltet. Dieser bereits seit über vierzig Jahren bestehenden grossartigen Institution, die sich um Menschen mit Beeinträchtigung kümmert.

Zu Herzen gehende Lieder

Wie schon vor vier Jahren hatte man wieder Schlagerstars wie das Duo Combox, die bezaubernde Manuela Fellner und den singenden Polizisten Marcel Schweizer eingeladen, um einen Abend lang zu Herzen gehende Lieder, flotte Melodien und die Tanzfüsse bewegende Hits zu singen.

Den Anfang aber machten die Sun Singers. Jener mittlerweile weit über die Grenzen des Schweizer Rheintals hinaus bekannte Chor mit Menschen mit meist geistiger Beeinträchtigung, die bei ihren Auftritten Lebensfreude und Sangeslust pur verbreiten. Eine Stunde lang wurde der Saal auf Temperatur und die Stimmung das erste Mal zum Sieden gebracht. Wobei eine Mischung aus „neuen“ und „alten“ Liedern angestimmt wurde.

Sangeslustige Chormitglieder

Dirigentin Christina Frei hatte ihre etwa sechzig bis siebzig sangeslustigen Chormitglieder denn auch gut im Griff. Obwohl sie von einigen „Mitdirigenten“, Tänzern und Sängern aus dem Publikum regelrecht belagert wurde. Das Wichtigste bei den Sun Singers ist der Spass an der Freude, Musik zu machen.

Diese Lebenslust ist faszinierend und ansteckend. Wenn Yannick und Remo auf der Bühne rappten, Kathrin einen schönen Jodel anklingen liess, oder Thomas voller Inbrunst „Marmor, Stein und Eisen bricht“ intonierte, dann tobte der Saal.

Singender ehemaliger Mister Schweiz

Ob bei den Sun Singers, ob beim Duo Combox, das die Schweiz einmal beim „Grand Prix der Volksmusik“ vertreten durfte, ob bei der aus dem „Musikantenstadel“ bekannten Manuela Fellner oder dem singenden ehemaligen „Mister Schweiz“ Marcel Schweizer, die grösstenteils auch geistig oder körperlich beeinträchtigten Besucher des „Fest der Volksmusik“ lachten, tanzten und sangen mit Begeisterung mit.

Die Atmosphäre war wunderbar anders als bei vergleichbaren Konzertabenden. Es wurde von den meist mit ihren Eltern oder Betreuern anwesenden Schützlingen eine ungefilterte, spontane, herzliche und unbändige Freude an der Musik gezeigt. Da wurde mit den Rollstühlen getanzt und auf die Bühne gesprungen. Da sah man unzählige besondere Menschen mit einem Lachen im Gesicht. Ein Lachen ohne Arg und List. Ein Lachen, bei dem stets und intensiv auch die Augen mitlachten. Ein echtes Lachen.

Keine Vorankündigungen oder Plakate

Wobei dieses „Fest der Volksmusik“ eine Veranstaltung ganz gezielt für die Menschen mit Beeinträchtigung ist. Und ein kleines Dankeschön an die vielen Helfer, Betreuer, Institutionen und Angehörigen sowie an die Gönner des Vereines. Weshalb im Vorfeld auch keine Vorankündigungen zu lesen und keine Plakate zu sehen waren, sondern die Betroffenen gezielt eingeladen wurden. Die auch alle kamen und die Halle gut füllten.

„Die Künstler treten bei uns praktisch zum Selbstkostenpreis auf“, erzählte Peter Züst, langjähriger Präsident des Vereins „Insieme“ und zusammen mit vielen Helfern Organisator des Abends, „und sie kommen gerne, weil sie merken, wieviel ihr Auftritt unserem Publikum bedeutet.“ Man konnte auch sehen, welchen Spass die Schlager- und Volksmusiksänger selbst bei ihren Auftritten hatten.

Geduldige Autogrammeschreiben

Wie sie auf der Bühne immer wieder freiwillig ihr Mikrofon an einen der zahlreichen sie umringenden Mitsänger abgaben, um ihre Fans in den Auftritt einzubinden. Und in der Pause zwischen den Auftritten geduldig Autogramme schrieben, CDs verkauften und für Selfies posierten. Lange Schlangen bildeten sich, nur damit sich die begeisterten Besucher mit ihren singenden Lieblingen ablichten lassen konnten.

Diepoldsaus Gemeindepräsident Roland Wälter fasste treffend zusammen: „Ich komme immer wieder zu diesem Anlass und geniesse diese unheimlich grossen und schönen Emotionen. Dirigentin Christina Frei und die Sun Singers sind ja alle wirklich sensationell. Da hilft die Gemeinde gerne mit und sponsert die Zurverfügungstellung der Halle und der Hauswartdienste.“

Zum zehnten Mal ausgetragen

Ja, es war wieder eine wunderbare Veranstaltung. Ein „Fest der Volksmusik“, das bereits zum zehnten Mal ausgetragen wurde. Und eine schöne Geschichte hat. Denn initiiert wurde diese Musikparty vor über zwanzig Jahren durch Heidi Hutter, deren beeinträchtigte Tochter Kathrin sich zum Geburtstag ein richtig grosses Fest mit Schlagemusik wünschte. Und auch heute noch ist Heidi Hutter für die Betreuung der Künstler zuständig.

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